Sonntag, 27. April 2008

Schöne Seiten

Zurück zu den schönen Seiten des Lebens hier. Davon gibt es nämlich reichlich! Eigentlich ist recht viel passiert die letzte Woche. Daher ein kurzer Überblick: Freitag vor einer Woche haben wir den Geburtstag von Claudia bei uns gefeiert. Eine echt gelungene Party mit Piñata, zuckersüßer Torte, Rum und netten Leuten. Eine Piñata ist übrigens ein mit Süßigkeiten gefülltes Dings, das vom Geburtstagskind zerschlagen werden muss. Allerdings sieht das Geburtstagskind dabei nichts und die Piñata wird gemeinerweise auch noch bewegt. Claudia hat sich bzw. die Piñata tapfer geschlagen und für viel Heiterkeit gesorgt ;-)

Letzten Sonntag dann ging es nach Masaya. Zunächst auf den riesigen, chaotischen und unübersichtlichen Markt und dann auf den Vulkan Masaya. Im Gegensatz zum Mombacho ist der aktiv und das ist einfach schon sehr beeindruckend. Wir haben die Nachttour gemacht samt Begegnungen mit Fledermäusen und anderem Getier. Und die glühend-rote Lava in der Nacht leuchten zu sehen, ist ein unvergessliches Erlebnis (aber auch ein Erlebnis, das man leider nicht auf Fotos bannen kann).

Am Montag hab ich es zum ersten Mal so richtig nach Managua geschafft. Jonathan und seine Trompete hatten nämlich einen Auftritt bei der jährlichen Woche der klassischen Musik und das darf man sich natürlich nicht entgehen lassen. Ich bin ein bisschen früher nach Managua gefahren, um mir die "Sehenswürdigkeiten" anzuschauen. Es sagt sehr viel über den Zustand eine Landes aus, wenn die Hauptstadt kein Zentrum hat und die wichtigsten Bauwerke (wie Nationaltheater, Nationalpalast, Nationalmuseum, etc...) auf einem verwahrlosten Platz stehen, wo es mit Einbruch der Dunkelheit sofort gefährlich wird. Dieser Platz liegt eigentlich total schön direkt am Managua-See, doch die Seepromenade namens Malecón hat mit ihrem kubanischen Namensvetter wirklich gar nichts gemein. Irgendwie hat es mir trotzdem dort gefallen. Managua hatte übrigens bis 1972 ein angeblich sehr schönes Zentrum. Doch ein schweres Erdbeben hat alles zerstört, dann kam der Bürgerkrieg und seither fehlt wahrscheinlich einfach das Geld.

Das Konzert im kleineren Saal des Nationaltheaters war schön und die Mischung der Musikstücke hat mir total gut gefallen. Und wir (Claudia, Mira und ich) waren sehr stolz auf unseren trompetenden Kollegen ;-) Claudia und ich haben dann in Managua bei Thomas und Jens (zwei deutschen Zivildienern) übernachtet und sie am nächsten Tag zu ihren Projekten begleitet. Für mich eigentlich ein bisheriger Höhepunkt meiner Zeit hier. Thomas arbeitet nämlich für den Bücherbus und die dazugehörige Bibliothek. Das Projekt, das mir ja im Internet bei meiner Suche nach Arbeitsmöglichkeiten in Lateinamerika gleich zweimal begegnet ist. Das Projekt, das schon beim ersten Mal darüber lesen mein Herz höher schlagen ließ. Das Projekt, das mich zu Pan y Arte gebracht hat. Mein Lieblingsprojekt, der Grund warum ich hier bin. Ich muss zugeben, ich war schon ein wenig gerührt. Was aber auch die vielen Bücher um mich herum ausgelöst haben könnten. Ich liebe Bücher einfach. Und ihre Anwesenheit macht mich glücklich und aufgeregt. In der Bibliothek haben jeden Tag dutzende Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, sich Bücher auszuborgen und zu lesen. Außerdem gibt es den Bücherbus, der in die Dörfer und zu Gefängnissen fährt, um auch dort die Möglichkeit zu lesen zu eröffnen. Ein unheimlich wichtiges Projekt in einem Land, in dem fast 50 Prozent der Bevölkerung kaum oder nicht lesen können und wo es selbst in der Hauptstadt gerade einmal zwei Büchergeschäfte gibt. Wir haben uns auch mit Elisabeth Zilz, der Gründerin dieses außergewöhnlichen Projekts, unterhalten. Ich muss unbedingt noch einmal hin. Gleich daneben arbeitet Jens bei "Música en los Barrios", einem weiteren tollen Projekt, das auch von Pan y Arte gefördert wird. Hier wird Kindern in den Barrios von Managua Musikunterricht gegeben.

Am Mittwoch bin ich dann wieder nach Managua zu einem weiteren Konzert gefahren. Diesmal im großen Saal. Abgesehen davon, dass alles auf ca. 16 Grad runtergekühlt war und es in Nicaragua anscheinend nicht üblich ist, das Handy bei einem Konzert abzudrehen, war auch das wieder ein schönes Erblebnis.

Meine kulturell äußerst anspruchsvolle Woche war damit aber noch nicht vorbei. Am Freitag fand dann auch noch ein Gitarrenkonzert in der Casa statt, bei dem ich fotografieren musste. Drei Konzerte in einer Woche! Das hab in Wien ja in einem Jahr nicht geschafft...

Gestern, Samstag, hatten wir hier wieder Party, weil uns die Mira leider am Mittwoch verlässt und nochmal alle sehen wollte. Unsere Wohnung war voller Zivildiener aus verschiedenen Ecken Nicaraguas. Wir waren alle zusammen weg und hatten ordentlich Spaß.

So und als letztes muss ich noch berichten, dass ich mir heute ein Fahrrad gekauft habe. Juchu! Endlich mobil!

Dienstag, 22. April 2008

Armut

Meine Beschreibungen und Fotos machen manche von euch sicher neidisch oder sehnsüchtig und lassen euch glauben, dass die Zustände in Nicaragua gar nicht so schlimm sind. Aber Tatsache ist, dass das Land das zweitärmste in ganz Lateinamerika ist und die Armut ist jeden Tag spürbar, greifbar, nicht zu übersehen. Die überwiegende Mehrheit kämpft um Verbesserung ihrer Situation und behält die Würde. Doch auf der Straße wird man jeden Meter angebettelt, von Kindern, alten Menschen, auch auf den ersten Blick gut angezogenen Menschen. Oder sie wollen dir etwas verkaufen: Kaugummis, Wasser, Souvenirs, ... Aber es kommen euch Leute in die Casa und man unterhält sich zunächst normal und freundlich und dann folgt schon die Frage: "Kannst du mir helfen? Ich brauche Geld für...." Und wenn man dann hilft, z.b. eine Frau mit Unterleibsschmerzen zum Ultraschall begleitet und ihr die Untersuchung zahlt, dann versucht sie auch noch, einen um das Wechselgeld zu betrügen. Es ist leider der Punkt erreicht, wo ich einfach keinem mehr was geben werde. Ich bin in diesem Land, um zu helfen und nicht als Geldquelle. Ich habe dafür meinen Job stillgelegt und lebe von meinen Ersparnissen. Trotzdem habe ich natürlich noch immer viel viel mehr als die meisten hier und bin abgesichert. Das schlechte Gewissen ist mein ständiger Begleiter...

Donnerstag, 17. April 2008

noticias

Noticias (Neuigkeiten) gibt es eigentlich nicht wirklich. War in den letzten Tagen fleissig am Arbeiten. Und wer sich jetzt fragt, was ich den ganzen lieben langen Tag so arbeite, dem sei gesagt: Ich habe wirklich was zu tun. Zum Beispiel schreibe ich gerade an den noticias für Pan y Arte. Das ist quasi ein Artikel über ein ausgewähltes Projekt, mit dem Interessierte und Spender über die Arbeit in Nicaragua informiert werden. Dieses Mal geht es über die Casa de los Tres Mundos selbst und all die wunderbaren Aktivitäten, die in ihr stattfinden.

Ich beschreibe quasi einen Tag im Leben dieses altehrwürdigen Gebäudes. Habe ein wenig recherchieren müssen, mich mit Schülern und Lehren unterhalten, den Kulturdirektor interviewt usw. Es ist wirklich faszinierend, so tief in die interessante Geschichte und Architektur der Casa einzutauchen. Hier ein kurzer Abriss für die ebenfalls Interessierten unter euch: Erbaut wurde die Casa von der Familie Don Juan Vásquez de Coronado im Kolonialstil des 16. Jahrhunderts. Herr Vásquez de Coronado war seines Zeichens der erste Gouverneur von Costa Rica und gründete dort die erste spanische Stadt. Schriftlich erwähnt wurde das Haus erstmals 1771. Das Steinportal am Eingang ist einzigartig in ganz Nicaragua. Das Wappen der Familie und zwei Löwen stechen einem sofort ins Auge. Deshalb heisst die Casa eigentlicha auch "Casa de los Leones". Das Portal ist der einzige Teil des Hauses, der stehen blieb, als William Walker (wer das ist, bitte selbst googeln) 1856 die ganze Stadt Granada in Brand setzte. Danach war im Gebäude das Stadttheater untergebracht. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Casa von der Familie Don Julio Cardenal Argüello restauriert und durch eine neoklassizistische Fassade und ein Stockwerk erweitert (in dem ich jetzt wohnen darf!!). Der österreichische Schauspieler Dietmar Schönherr und der nicaraguanische Dichter Ernesto Cardenal gründeten 1987 die "Fundacion Casa de los Tres Mundos" und kauften das fast völlig verfallene Gebäude den Erben ab. Die Restaurierung war dementsprechend aufwändig, es wurde aber versucht, so detailgetreu wie möglich und unter Anwendung nahezu vergessener Originalbauweisen zu arbeiten. Und seit 1992 wird das Haus von Leben und Lachen, von Musik und Magie erfüllt...

Hoffe, das hat euch jetzt nicht gelangweilt. Daher doch noch interessante Neuigkeiten aus meinem Leben hier: Ich war extra in dem wunderschönen Bergdorf namens Catarina um Pflanzen für die Terrasse zu kaufen. Ich war begeistert. Erstens hat man von dort oben einen wundervollen Blick über die Laguna de Apoyo und zweitens kosten dort die wundervollsten Pflanzen so gut wie gar nichts. Gerade mal einen Euro und noch ein bisschen was hab ich für fünf gar nicht so kleine Pflanzen ausgegeben. Leider konnte ich nicht mehr tragen, obwohl ich auch noch Jeaninna dabei hatte. Mit ihr bin ich eine sehr erfolgreiche Symbiose eingegangen: Ich übe mit ihr Deutsch und sie mit mir Spanisch.

Mehr gibt es nun aber wirklich nicht zu berichten. Ach doch: Heute waren Claudia und ich mit Oscar und Manuel, den beiden Hausgehilfen, auf dem Dach. Was für ein Blick!

Montag, 7. April 2008

Hausvulkan & Zuhause

Nachdem ich das letzte Wochenende so angenehm in Granda und seinen schönen Cafes versumpft bin, wollte ich dieses Wochenende endlich wieder etwas unternehmen. Deshalb ging es mit Claudia und einem Chico aus Panama, der gerade eine Woche bei uns wohnt und über die Papierfabrik in Malacatoya recherchiert, auf Granadas Hausvulkan Mombacho, den man ja wunderbar von unserer Terrasse aus sehen kann.

Der Vulkan ist nicht mehr aktiv und er wurde mit einem wunderschönen, grünen Bergnebelwald zugewachsen. Oben war die Luft erfrischend kühl - ein willkommener Gegensatz zu der Bruthitze unten in Granada. Dichter Dschungel, wohltuende Stille nur manchmal von Affengebrüll unterbrochen und herrliche Ausblicke auf Granada, die Laguna de Apoyo und den See - dafür haben sich die manchmal etwas anstrengenden zweieinhalb Stunden Wanderung ausgezahlt.

Ansonsten vergeht die Zeit jetzt dann doch schnell, wenn mal erstmal in so etwas wie einem Alltag drinnen ist. Mein Alltag besteht derzeit aus zumeist am Vormittag bis frühen Nachmittag arbeiten, dazwischen vielleicht Mittagessen, dann Spanischunterricht oder so wie heute ein Besuch bei den Projekten in den Barrios. Am Abend kochen wir meistens alle gemeinsam (und meistens haben wir auch noch Besuch) oder wir gehen essen. Es gibt total gute Lokale hier in Granada.

Unser Apartment ist wirklich nett und groß. Abgesehen davon, dass durch die Decke Dreck und Staub rieseln, weil sie nur mit lückenhaften Brettern vom Dachboden getrennt ist, ist es wirklich unglaublich luxuriös für Nica-Verhältnisse. Dabei muss ich aber erwähnen, dass auf dem Dachboden leider meine besten Freunde, die Tauben, leben, zusammen mit ihren besten Freunden, den Ratten. In der Nacht geht es dort oben oft ordentlich zu ;-) Wasser gibt es meist ab Mittag (immerhin!). Und wir haben ebenfalls luxuriöserweise zwei Badezimmer. In der Casa zu leben ist wirklich ein Privileg.

Bananen

Was wolltet Ihr schon immer über Bananen wissen? Ich könnte Euch wahrscheinlich jetzt so gut wie jede Frage beantworten. Letzten Donnerstag durfte ich nämlich dabei sein wie 9.000 Bananen (genauer gesagt: Kochbananen) geernet wurden und dabei erfährt man so einiges. Zum Beispiel, dass so ein Bananenbaum nur einmal Früchte trägt, aber netterweise ein paar Kinder neben sich wachsen lässt, die seinen Job dann übernehmen. Sehr interessant.

Die Bananenplantage, um die es hier geht, wächst und gedeiht in Malacatoya, dem Dorfentwicklungsprojekt von Pan y Arte und der Casa. Vor einem Jahr wurden die Pflänzchen ausgesetzt und jetzt konnte zum ersten Mal geernet werden.

Das Projekt Malacatoya wurde nach dem Hurrikan Mitch gestartet, der 1998 Zehntausende
obdachlos und das Gebiet völlig zerstört hinterließ. Pan y Arte baute in enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung Wohnhäuser, eine Schule, ein Gemeinde- und ein Gesundheitszentrum und einen Park samt Spielplatz und Skultpuren (Nachbildungen präkolumbianischer Grabbeigaben). Was ich besonders gut an diesem Projekt finde, ist aber, dass den Bewohnern die Häuser nicht einfach nur hingestellt wurden und das wars dann. Auch hier wird Kunst- und Musikunterricht für Kinder und Jugendliche angeboten. Weiters wurden eine Papiermanufraktur und eine Imkerei initiiert, die den Leuten Arbeit, ein gesichertes Einkommen und damit eine wirkliche Verbesserung ihrer Lebenslage ermöglichen sollen. Und jetzt soll eben auch die Bananenplantage dazu beitragen.

Und zwei Tage später war ich gleich wieder in Malacatoya, weil es dort wieder eine unterhaltsame Vorführung von LOCREO gab (siehe Eintrag vom 30.3.). Also nicht wundern, wenn die Fotos in der dazugehörigen Slideshow ein bisschen durcheinander sind.

Der Weg von Granada nach Malacatoya dauert übrigens so eine Stunde und ist wirklich eine schöne Fahrt am Nicaragua-See entlang. Ich bin begeistert von der Schönheit dieses Landes! Ich hatte mir, ich weiß nicht warum, wenig erwartet und werde jeden Tag positiv überrascht.