Sonntag, 30. März 2008

LOCREO








Anlässlich des Internationalen Tages des Theaters gab es vor den Toren der Casa de los Tres Mundos eine große Aufführung. Dutzende Kinder und Jugendliche studierten im Rahmen des Projektes LOCREO Lieder, Theaterstücke und Tänze ein und führten diese voller Begeisterung und Stolz vor. Es war rührend, schön und äußerst unterhaltsam.

Ich möchte die Gelegenheit nützen, Euch das Projekt näher vorzustellen: LOCREO (frei übersetzt "Ich glaube an mich") bietet im Rahmen des Programms “Kultur für Kinder” Bildung, Kunst und Kultur in den Barrios (übersetzt: Stadtviertel) Granadas und im Dorfentwicklungsprojekt Malacatoya an. Jedes Jahr profitieren davon ca. 500 - 600 Kinder und Jugendliche. Von 2003 bis Februar 2008 finanzierte die finnische Regierung das Projekt. Zum Glück konnte ein "Nachfolger" gefunden werden: Der deutsche Axel Springer-Verlag (u.a. Bild-Zeitung) trägt zunächst einmal für ein Jahr die Kosten. Zusätzlich wird LOCREO natürlich von "meiner" Organisation Pan y Arte unterstützt.

Es hat sich gezeigt, dass es gerade für Familie aus den ärmlicheren Randbezirken eine gewisse Hemmschwelle gibt, den Kunst- und Musikunterricht in der doch sehr elegant und kolonial wirkenden Casa de los Tres Mundos zu nutzen. Genau hier setzt LOCREO an: Die Lehrer und Lehrerinnen des Projekts fahren zu den Schülern und Schülerinnen, um ihnen u.a. auch die langen (und kostenintensiven) Wege zu ersparen, sie in ihrer gewohnten Umgebung zu unterrichten und so bestmöglich zu fördern. Die Kurse finden in den Gemeindezentren mehrmals die Woche statt.

Die Kinder und Jugendliche haben so die einmalige Möglichkeit, ihre eigene Kreativität zu entdecken und auszuleben (Kunst- und Musikunterricht gibt es in den Schulen nicht) und darüber die Erfahrung zu machen, "Ich kann etwas", "Ich habe Talent", "Ich bekomme Anerkennung", "Ich glaube an mich". Die Erfolgserlebnisse sind der Grundstein für ein gestärktes Selbstwertgefühl. Nicht zu unterschätzender Nebeneffekt ist natürlich, dass die TeilnehmerInnen von Drogen und Kriminalität abgehalten werden können (sonst oftmals die einzige "Freizeitbeschäftigung").

Wenn man die Kinder und Jugendliche so voller Lebendigkeit, Begeisterung, Freude auf der Bühne stehen sieht und bei jedem einzelnen sein Talent zum Strahlen gebracht wird, spürt man, dass dieses Projekt Sinn hat und wirklich etwas bewirken kann. Selbst die Kleinsten unter ihnen sind voller Selbstbewusstsein dabei und dies erweckt die Hoffnung, dass sie dieses Selbstbewusstsein auch in ihren schweren Alltag hineintragen können.


Dienstag, 25. März 2008

Osterferien

Tja, so schnell kann die Zeit vergehen. Schon über eine Woche nichts mehr geschrieben. Dabei vergeht die Zeit eigentlich gar nicht schnell - dafür, was alles so passiert. War die letzten Tage nämlich ein wenig im Land unterwegs und habe die Osterfeiertage ausgenützt.

Letzten Mittwoch ging es für einen Tag an die Laguna de Apoyo, ein nur ca. 20 Minuten von Granada entfernter, wundervoller Süßwassersee, der sich in einem erloschenen Vulkan gebildet hat. Das Leben in einer Seifenblase kann an einem Ort namens "Monkey Hut" wunderbar weitergeführt werden: Eine sehr gepflegte, nette Anlage direkt am Wasser. Man fühlt sich wie auf Sommerfrische am Wörthersee und nicht wie mitten in Mittelamerika. Mit mir waren dort übrigens Claudia, Mira, Hannes und Jonathan, die ich ja schon einmal erwähnt habe. Dazu kamen noch diverse Nicaragua-Besucher: Jonathans Bruder Michael, Jonathans Kumpel David und Miras Familie.

Am Donnerstag ging es dann mit Claudia nach León, einer Kolonialstadt im Westen Nicaraguas. Sie ist größer als Granada und man hat auch gleich das Gefühl, dass mehr los ist. Verstärkend kam ja noch dazu, dass die Semana Santa auch für die Nicaraguaner Hauptreisezeit ist und León ein beliebtes Ziel.

Ostern ist hier in Nicaragua ein besonderes Fest. In der Osterwoche gibt es fast täglich gleich mehrere Prozessionen und man hat das Gefühl, dass andauernd irgendwo Messen stattfinden. León hat jedoch etwas ganz Spezielles aufzuweisen: Am Karfreitag werden etwas außerhalb vom Zentrum Teppiche mit religösen Motiven aus gefärbten Sägespänen gelegt. Was da teilweise entstanden ist, war mehr als beeindruckend. Die Künstler arbeiten daran den ganzen Tag, bis dann am Abend wiedermal eine Prozession alles zerstört. Hunderte Füße trampeln über die Kunstwerke und das wars dann.

Mittlerweile landete übrigens auch der Rest der schon oben beschriebenen Gruppe in León und am Samstag ging es gemeinsam zum Volcano Boarding. Man glaubt es kaum, was man hier in Nicaragua für Sachen machen kann. Zum Beispiel eben einen Vulkan herunterrodeln. Klingt irr und das war es auch. Vor allem die Tatsache, dass die hier von irgendwelchen Sicherheitsvorkehrungen noch nie etwas gehört haben. Es hätte einen durchaus leicht vom Krater des "Cerro Negro" wehen können, denn schließlich muss man das sogenannte Board höchstpersönlich auf den Berg schleppen, was natürlich eine perfekte Angriffsfläche für diverse Böen gibt. Abgesehen davon, dass es ziemlich anstrengend ist, so durch Lavageröll steil bergauf zu gehen... (vor allem wenn man so etwas wie Kondition nicht besitzt). Genug geraunzt, denn oben war es fantastisch. Der Blick über das ganze Land und andere Vulkane war unheimlich beeindruckend. Das Rodeln vom Vulkan hat in mir kurz vor dem Start dann noch etwas mulmige Gefühle ausgelöst. Schließlich eigentlich brauch ich ja so Adrenalinkicks überhaupt nicht und sich auf irgendeinem Holzbrettl einen Vulkan herunterzustürzen übersteigt meinen Wagemut dann doch etwas. Getan habe ich es natürlich trotzdem und natürlich hat es unglaublich viel Spaß gemacht. Abgesehen davon, dass ich den halben Vulkan verschluckt hab, weil die Steine einem ins Gesicht spritzen, war es echt lustig.

Am Ostersonntag dann an den Strand (Las Penitas). Immerhin mein erstes Mal am Pazifik, der sich sehr rauh, aber wunderschön präsentiert hat. Der Stand selbst war recht schön, aber ich habe schon schönere gesehen. Dazu war er noch recht voll, weil eben alle Einheimischen auch Urlaub haben. Im Bikini rumzuliegen ist nicht so eine gute Idee, denn das ist ein höchst seltener Anblick für Nicas. Die bevorzugen es nämlich komplett bekleidet schwimmen zu gehen (Frauen und Männer). Sogar ein Foto wollte eine Nica-Gruppe von Claudia und mir machen. Als wir uns dafür angezogen haben, wollten sie komischerweise dann doch keines mehr. Tja.

Die Heimfahrt war ein unvergessliches Erlebnis. Der Bus war voll, gesteckt voll, unfassbar voll, so voll, dass nicht einmal mehr ein Haar zwischen all die Passagiere gepasst hätte, geschweige denn Luft. Ich stand eingeklemmt zwischen Nicas. Vor mir ein Baby, dass von mir nur unter größten Anstrengungen nicht zerquetscht wurde, unter mir ein kleiner Junge mit einem lebenden Huhn auf dem Arm und hinter mir eine Frau, die mit ihrem vollen Gewicht (und das war einiges) auf mich gedrückt wurde. Ja, das war lustig. Und immer wenn man geglaubt hat, es passt keiner mehr rein, durfte noch einer zusteigen. Die Fahrt dauerte sehr lange 30 Minuten.

Am Montag dann zurück nach Granada. Irgendwie war es schon wie heimkommen, obwohl ich erst so kurz hier lebe und davon die paar Tage weg war. Hatte mich auch schon total auf die Wohnung gefreut. So ein Rucksacktouristen-Dasein wäre gerade nichts mehr für mich. Im Hostel in León haben wir jeden Tag sicher dreimal das gleiche Gespräch geführt: "Woher kommst du? Wo warst du schon? Wohin reist du noch?" Irgendwie mühsam. Ich finde es total schön, jetzt so lange an einem Ort sein zu dürfen und ein Land wirklich kennen lernen zu können und nicht die ganze Zeit unterwegs zu sein. Freue mich auf weitere Entdeckungsreisen durch Nicaragua, aber ich werde mich wohl immer aufs Heimkommen in die Casa freuen.

Ansonsten geht es mir weiterhin gut. Arbeitsmäßig kann ich mich nicht über mangelnde Aufträge beschweren. Ich habe noch keinen Rhythmus gefunden und vom wirklichen Eingelebtsein bin ich noch immer weit entfernt. Aber es wird schon. Bin ja erst zwei Wochen hier. Und es kommt mir viel länger vor. Wie gesagt, die Zeit vergeht nicht schnell...

Dienstag, 18. März 2008

Video

Wollte nur kurz mitteilen, dass ich sehr stolz auf mich bin, ein Imagevideo über die Casa de los Tres Mundos in meinen Blog integriert zu haben (siehe rechts). War nämlich gar nicht so einfach ;-)

Freitag, 14. März 2008

Einleben

Einleben in ein so fremdes Land ist - wenig überraschend - nicht einfach. Und ich bin etwas ungeduldig mit mir. Will schon alles verstehen, will mich auskennen, will mich in der Stadt zurechtfinden, will voll arbeiten. Sollte mir das nicaraguanische "Tranquilo" (ruhig, beschaulich) eindeutig mehr zu Herzen nehmen. Es gibt aber immerhin entgegen meiner Erwartungen schon etwas zu tun für mich in der "Casa", was ich natürlich gut finde. Und vier Stunden Spanischunterricht am Vormittag fordern mein vom Jetlag geplagtes Hirn auch ordentlich ;-)

Ansonsten versuche ich Stück für Stück diese wunderschöne Stadt zu entdecken und für die Daheimgebliebenen fotografisch festzuhalten. Am Wochenende schaffe ich es vielleicht auch einmal an den See. Die Leute, sowohl die Nicas als auch die "Gringos", sind allesamt äußerst sympathisch. Gestern war ich sogar schon abends tanzen. Die lateinamerikanischen Hüftbewegungen waren jedoch noch nie meine Stärke... Dafür schmeckt der heimische Rum (Flor de Cana) sehr gut.

Wie durch Granada bewege ich mich auch schon schön langsam durch die Casa de los Tres Mundos. Gestern zum Beispiel hab ich mich in den Kindermalkurs gesetzt. Zum Glück hatten die Kleinen Geduld mit meinen doch noch etwas holprigen Spanischkenntnissen. Auch davon gibt's Fotos.

Ein bißchen habe ich das Gefühl noch in einer Blase zu leben, denn Granada und die Casa täuschen recht gut darüber hinweg, dass ich mich in einem Entwicklungsland befinde. Bin schon gespannt auf die anderen Seiten Nicaraguas.

Montag, 10. März 2008

Erste Eindrücke

Erste Eindrücke aus Granada: Die Casa de los Tres Mundos ist einfach ein wunderschöner Ort mit einer starken Austrahlung. Während ich hier sitze und schreibe, höre ich Kinderlachen und neben mir wird Klarinette geübt. Die Patios sind grün und gepflegt, voller Blumen, ein Brunnen sorgt für Erfrischung, was bei der Hitze schon jetzt eine Wohltat ist. Nach und nach lerne ich die Menschen kennen, die hier werken.

Aber zurück zu meiner Anreise gestern Abend: Die Flüge sind allesamt problemlos verlaufen, anstrengend war alles natürlich, aber dafür konnte ich trotz Zeitumstellung dann einschlafen. Das Flugzeug nach Managua war voller Cowboyhüte tragender Couchos - kleiner Vorgeschmack auf ein Land, in dem bis zu einem gewissen Grad doch der Machísmo vorherrscht. Am Flughafen wurde ich von Dieter und seinem Sohn Max erwartet. Die Fahrt durch die Dunkelheit ermöglichte nur einen eingeschränkten Blick auf die Umgebung, dafür auf einen wundervollen Sternenhimmel, was ja auch nicht schlecht ist.

In der Casa dann lernte ich gleich meine Zimmergenossin und Landsfrau Claudia, die für das interidsziplinäre Forschungszentrum arbeitet, Jonathan, der Trompetenunterricht gibt und zwei andere Freiwillige in Granada (Mira und Hannes) kennen. Verbrachten gleich zwei Stunden auf der traumhaften Terasse vor den Zimmern mit Tratschen.

Heute konnte ich schon um 7 Uhr nicht mehr schlafen. Erstes Frühstück mit Claudia, auspacken, kurze Besprechung mit Dieter und dann eine erste Erkundungstour durch Granada. Bei der Gelegenheit hab ich mich gleich mal für einen Spanischkurs für die nächsten zwei Wochen eingeschrieben.

Bin glücklich hier zu sein, freue mich darauf hier zu arbeiten und die nächsten sechs Monate zu leben.